Montag, 29. November 2010

spurlose Kommunikation

So bequem das alles ist - die Spuren der Kommunikation werden täglich Menschen zum Verhängnis.

Brandenburgs Ministerpräsident Plazeck könnte behaupten, von der Beamtung der Geliebten seines Kollegen Speer nichts gewusst zu haben. Wäre da nicht diese blöde mail, in dem er eben dieser Geliebten zu ihrer Beförderung gratuliert. (Potsdamer Neueste Nachrichten, 30.11.2010)

Zu Monika Lewinsky's Zeiten war zu Beweiszwecken wenigstens noch eine heimliche Tonbandaufzeichnung nötig (Wikipedia).

abschalten

In Zeiten des Internets bekommt das Wort "abschalten" eine ganz neue Bedeutung.

--> "Internet doesn't sleep"

Sonntag, 28. November 2010

Der Einsiedler und seine Fangemeinde

"Jeder Einsiedler kehrt - und sei es nach vielen Jahren der Einsamkeit - zurück, um seine Erlebnisse einem kleinen oder großen Kreis von Menschen zu erzählen"
(Gedacht auf der Rheinfallbrücke 1986)

So gesehen gibt es keine Einsiedler und keine wirklichen Asketen.
Macht nicht Reinhold Messner seinen ganzen Kampf mit der Einsamkeit zunichte,
in dem er ihn zwischen zwei banale Buchdeckel klemmt und mit dem martialischen Titel "Mein Weg" betitelt.

(--> si tacuisses philosophus manisses. Hättest du geschwiegen wärest Du (ein) Philosoph geblieben. Boethius)

Und so wie Reinhold sind sie doch eigentlich alle: Moses und Mohammed brauchen Millionen von Fans, um selber zu glauben, was sie auf dem Berg oder unter dem Baum gesehen und gehört haben)

Und von denen, die nicht so sind, von den wahren Einsiedlern, werden wir nie erfahren.

Verfügbarkeit und Wert

Der Wert von Familien-Filmen

Auf dem Dachboden in einer banalen Migros-Tüte schlummerte die letzten Dreissig Jahre das gesamte Film Material unserer Familie: 50 8 und Super8 Filme, 1100m Familiengeschichte, aufgenommen zwischen 1935 und 1979.

Der Inhalt dieser Filme war geheimnisvoll und unzugänglich.
Bei dem Versuch, die Filme über das originale Filmgerät aus den 60er Jahren abzuspielen,
riss das spröde Material alle Nase lang - und hat sich somit selber zerstört.

Eine Online-Recherche, 800€ - und 1 Monat später sind die Filme digitalisiert.
Eigentlich ein Moment, um aufzuatmen: Das Film-Material ist gerettet.
Aus der Migros-Tüte ist eine 500GB Festplatte geworden.

Doch was macht die Neue Verfügbarkeit bloß mit dem Mysterium der Filme!
Was früher stundenlanges Aufbauen von Filmgerät, Verdunkeln des Raumes und das Einladen von Gästen zum "zum Filme kucken" erfordert hat, ist jetzt eine i-Movie Datei - eine Datei von tausenden auf meiner Festplatte.

Bei der wochenendlichen Skype-Konferenz mit meiner kleinen Schwester lass ich mich hinreissen, Ihr die Sicht auf meinen Rechner und also auch auf die Familienfilme zuzulassen - wir sausen in wenigen Minuten durch 44 Jahre Familiengeschichte, fast könnte ich den zu youtube stellen oder diesem Blog anhängen.

Hat die Digitalisierung die Filme wertlos gemacht? Oder muss der Wert von digitalem Material einfach neu definiert werden (--> Digitale Disziplin)?


Der Wert von Kinder-Filmen

Ich denke kaum etwas prägt uns so, wie die Filme, die wir in unserer Kindheit sehen:
Die ersten Filme, die man als Kind kucken darf (Barbapapa oder Vicky und die starken Männer) und vor allem die, die man als Kind nicht kucken darf und dennoch heimlich kuckt (Vincent Van Gogh beim vögeln und sich das Ohr abschneiden oder das Psychodrama "Die Katze" oder Gruselfilme wie "Friedhof der Kuscheltiere")

Sie bleiben uns ein leben lang in Erinnerung und hinterlassen einen tieferen Eindruck wie alle danach kommenden 3-D Mega-Kino-Produktionen, wie dieser, wie hieß er noch mal..?

(-->Psychotherapie mit Hilfe von Kinderfilmen?)

Das Geheimnisvolle dieser Kindheits-Filme war bis vor wenigen Jahren, dass sie nicht verfügbar waren - außer, man hätte lange nach ihnen recherchiert und tatsächlich im physischen Raum nach ihnen gesucht - was alleine schon ein Zeichen dafür gewesen wäre, wie wichtig es uns ist, sie wieder zu sehen.

Was macht deren plötzliche Verfügbarkeit mit uns? Und mit den Filmen selbst?
Ich kucke grad "Wikie und die starken Männer", ein wahrer Blick in meine Kinder-Seele, währenddem ich dies hier schreibe - ist das nicht schon Antwort genug?


Der Wert von Musik

Das Spiel lässt sich fast beliebig fortsetzen. Alles, was früher schwer zu finden oder wiederzufinden war, ist plötzlich verfügbar - schnell und meist noch umsonst.
Wie stark wird das Ding selbst dadurch entwertet?

Ich finde die Musik, die meinen ersten Liebeskummer begleitet hat ebenso wie eine Original-Aufzeichnung meines ersten Open Air Konzertes. 22 Jahre lang trug ich die Erinnerung an den stockbesoffenen Joe Cocker beim Konzert in San Francisco mit mir rum; plötzlich kann jeder bei youtube diesen Moment nachkucken.

Zugegebenerweise kann ich nun endlich wenigstens eine Idee davon bekommen, wie das "Joshua Tree" Konzert von U2 in Oakland war, zu dem mir damals das Geld gefehlt hat.

(--> das Internet und unser Nachholbedarf)






W-Lan gegen Frühstücks-Tisch

Sonntagmorgen. Ich liebe unseren Frühstückstisch.
Doch ich möchte die Gedanken der Nacht aufschreiben,
bevor sie sich verflüchtigen.

Das W-Lan reicht nicht bis in die Küche, also muss ich mich
zwischen Frühstückstisch und W-Lan entscheiden:
Das W-Lan gewinnt.

Allerdings habe ich mich auch noch nie darum gekümmert,
das W-Lan bis in die Küche zu verstärken:
Also doch 1:0 für den Frühstückstisch.

Samstag, 27. November 2010

vergessen lernen

Ich in Zahlen:
Wie verändert es mein Leben, wenn ich plötzlich eine vollständige und vollautomatische Statistik darüber habe, was ich wann wo gemacht habe?
Und wie verändert es mein Leben, wenn - wie das heute der Fall ist - nur die anderen (Provider, Telecom-Anbieter) diese Statistik über mich haben. Wenn also die Rechner mehr über mich wissen, als ich selber.

Was können mir lückenlose statistische Daten über mich und mein Verhalten helfen?
- Hilft es mir, zu wissen, dass ich durchshnittlich Montag bis Freitag jeweils 43,3 Minuten in der U-Bahn verbringe, Samstag und Sonntag keine einzige Minute, außer in den letzten beiden September Wochen, dann aber gleich 54,5 Minuten.
- Hilft es mir, zu wissen, dass ich in 82% der Fälle die sonnige Strassenseite wähle, wenn Wetter und Gebäudehöhen überhaupt eine Sonneneinstrahlung zulässt.
- Hilft es mir, zu wissen, dass mein Puls zwischen 2.33Uhr und 2,46 Uhr im Lebensmittel jeweils am ruhigsten und um 3.47 am unruhigsten ist?
- Hilft es mir, zu wissen, dass ich im Januar jeweils mehr Fisch essse und im Februar mehr Salat? - und will ich überhaupt wissen, dass ich im Jahresschnitt 63,3 Liter Bier trinke?
- Hilft es mir, zu wissen, dass ich bei Temperaturen über 20° jeweils mehr Geld ausgegeben habe als bei Temperaturen unter 20° (--> sinnlose Statistiken -->falsche Zusammenhänge).
Welche Informationen über mich, wären denn ein Gewinn für mich und würden ggf. eine positive Verhaltensänderung bewirken?

Oder anders rum gefragt: Ist nicht das Vergessen ein ganz wichtiger Teil unseres Denkens und Empfindens - und hindert uns nicht die automatisierte Aufzeichnung von allem, was wir tun und lassen daran, zu vergessen?


Sonntag, 21. November 2010

Der Blog zum Sonntag


Ist das Internet christlich?
Ist Collaboration christlich?

Und wenn ja, worauf begründet sich dieses neue Internet-Christentum?

Sicherlich nicht auf die Kirche; diese verliert kontinuierlich an Mitgliedern (nicht zuletzt, weil sie nicht weiss mit ihren Gliedern umzugehen) und ihre Vertretung im Internet ist relativ unkoordiniert und jämmerlich, wie ein kurzer Blick auf kirche.de oder kirche.com bestätigt (siehe sponsored Link oben)

Ist die Internet-Generation eine christlichere Generation?
Einfach so, aus sich heraus, tatsächlich einem "kategorischen Imperativ" folgend?

Schafft das Internet in einem halben Jahrhundert, was Jesus in zwei Jahrtausenden nicht gelungen ist; dass die Menschen zusammenarbeiten statt gegeneinander?

Samstag, 20. November 2010

Ad-Non-Sense




Ad-Sense in Blogs would only make sense
if the Blogger could choose the ads
that in his/her opinion make sense.


Der digitale und der biologische Filter

Im Internet ist der Filter alles.

Ohne Ihn wären wir den Menge an Informationen machtlos ausgeliefert
und würden vor lauter Bäumen weder den Wald noch sonst irgendetwas sehen können.

Wir filtern uns also quasi aus der Masse der weltweisen Nullen und Einsen die raus,
die wir zum Leben zu brauchen glauben.

Unser Körper macht eigentlich nichts anderes. Er sucht sich aus allem, was wir in uns reinstopfen die Stoffe und Moleküle raus, die er braucht, um sich selber zu konstituieren.

Und wie wir aus den Daten, die wir im Internet sammeln, neue Dinge zusammenbauen,
so baut unser Körper aus Döner mit Zwiebel und Knoblauchsauce schöne Augen und Haare. Und unschöne Speckröllchen. Und Pickel, die wiederum seine "Spamfilter" sind.

Sonntag, 14. November 2010

Der Hypertext

1997 habe ich mit den ersten Hypertexten rumexperimentiert,
weil ich der Ansicht war, dass der lineare Text Gedanken,
wie sie wirklich sind und funktionieren nicht abbilden können
(--> Mind-Map)

Im Blog entdecke ich auf wundersame weise und technisch bubileicht machbar
die Möglichkeit zum Hypertext. Ich bin begeistert

(--> der Mann ohne Eigenschaften als Hypertext)

Die allgemeine Form und die ich-Form

In welcher Form soll ich schreiben; in der allgemeinen Form (man, Du) oder in der ich-Form.

Das hängt davon ab, ob ich davon ausgehe
a) dass das, was ich zu sagen habe nur mich betrifft (weil ich zb ein Spinner bin)
b) oder ob das, was mich beschäftigt auch ganz viele andere beschäftigt

Wenn ich nicht von b) ausgehen würde, müsste ich keinen Blog schreiben

Die Wahrheit ist, dass ich an a) glaube und dennoch hoffe, dass b) der Fall ist

Landminen und Atombomben


Ein kleines Problem mit einem großen lösen.
So ist es, wenn Du versuchst über das Internet Deine Einsamkeit zu bekämpfen.


(--> über das Ziel hinausschiessen)
(--> das Kind mit dem Bad ausschütten)
(--> Bild)

Der junge von Nebenan

Vater: Willst Du nicht mit dem Nachbarskind spielen
Sohn (5): Nein, ich geh lieber ins Internet

10 Minuten später seh ich ihn auf dem Teppich liegen
- es spielt bei Panfu - mit dem Nachbars-Jungen.

Schnuräpflutteri (digitale Logoröh)

Das ideale Medium für Leute mit Logoröh (-->alles oder nichts)

gewinnen und verlieren

Gewinne ich durch's Internet viel Neues dazu?
Oder verliere ich alles, was ich hatte? (-->MFWF)

viele Menschen beschweren sich darüber, dass das Internet das Leben und das Denken kaputt macht (-->Schirrmachers "Payback" - das Internet scheisst uns ins Hirn, Selbsterschöpfung)

aber ich denke, dass das Internet uns auch sehr viel gibt,
was wir nirgendwo auf der Welt so bekommen könnten.

Der digitale Penner

wie viele Leute gibt es, die vollkommen verwahrlosen,
weil sie nur noch zu Hause sitzen und an ihrer vollkommenen Erscheinung
im Internet arbeiten?

Digitale Disziplin

Wenn Du in den Möglichkeiten des Internet nicht untergehen willst,
brauchst Du eine Digitale Disziplin.

Du must Dir selber Regeln aufstellen, wie Du mit dem Medium umgehen willst
(--> freiwillige Selbstkontrolle), damit Du darin nicht untergehst.

MFWF

Mehr Freunde, weniger Freunde

übers Internet gewinne ich 1000 neue "Freunde"
- und verliere die 10, die ich im wahren Leben hatte.

personal brain drain

Wenn das Internet Deinen Kopf gleichzeitig
-vollscheißt
-und leersaugt

(--> digital Burnout)

Max Frisch oder das Fragen in Blogs

Max Frisch hat in seinen Büchern ein neues Genre eingeführt:
Er hat den Lesern Fragen gestellt.

Was für ein niedliches - und eigentlich auch feiges - Unterfangen.
Denn die Leser konnten ja nicht antworten.



Eigentlich ist in der Literatur nur die rhetorische Frage eine ehrliche Frage.
Oder eben die Frage, mit deren Antworten man den Leser bewusst alleine lässt.

Der Indianer und das Internet

Den richtigen Indianer durfte man nicht fotografieren - er glaubte, dass das Foto ihm die Seele raubt.

Der neuzeitliche Indianer hat seine Seele bereitwillig verkauft, in dem er von jedem Touristen einen Dollar verlangt hat, der ihn fotografiert hat (der Indianer ist so gesehen der erfinder der Bildrechte)

Im Internet verkaufen wir alle unsere Seelen - manchmal mit und manchmal ohne an den Bildrechten zu verdienen.

Samstag, 13. November 2010

nichts und alles

Es gibt zwei neue Krankheitsbilder

a) die, die nichts im Internet veröffentlichen wollen
(nein, die Photos meines Kindes kommen niemals ins Internet, das würde seine Persönlichkeitsrechte verletzen)

b) die, die alles im Internet veröffentlichen wollen
die, denen es nicht mehr reicht, dass es im Raum stinkt, wenn sie furzen sondern alle Welt wissen lassen müssen, dass es gestunken hat, als sie im Raum gefurzt haben

Wo würdest Du dich einordnen?

Grausame Geliebte

Was ist, wenn das Internet plötzlich interessanter wird als alles Reale, was um Dich passiert?
Wenn Du bei Deinen Freunden sitzt oder gar mit Deiner Freundin bist
(-->ist Internet Sextötend) oder wenn Du Deine Mutter am Telefon hast (-->Multitasking as a Frechheit) und dich eigentlich einfach nur noch langweilst, weil das "da draussen" so viel spannender ist, als alles, was in der realen Welt passiert.